Veranstaltung: | 5. Sitzung des Studierendenparlaments 2020-21 |
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Tagesordnungspunkt: | 9. Initiativanträge |
Antragsteller*in: | Fachschaft WiAi , Juso HSG , BAGLS (dort beschlossen am: 12.04.2021) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 12.04.2021, 23:23 |
Ini1FINAL: Online Wahlen an der Uni Bamberg
Antragstext
Das Studierendenparlament der Otto-Friedrich-Universität Bamberg spricht sich
gegen eine Durchführung der kommenden Hochschulwahlen als Online-Wahl aus.
Aktuelle Onlinewahlsysteme, wie zum Beispiel auch die, vom Rechenzentrum
präferierte, Software POLYAS, können die Einhaltung der Wahlrechtsgrundsätze in
ihrer derzeitigen Form nur in zweifelhafter und zudem nicht überprüfbarer Weise
gewährleisten. Zudem entsteht beim Einsatz dieser Softwarelösungen die Gefahr
eines erheblichen Vertrauensverlustes in die Hochschulwahlen sowie die dadurch
legitimierten Gremien und Studierendenvertreter:innen.
Begründung des Initiativcharakters
Ein aktueller Entwurf aus der Arbeitsgruppe zur Erarbeitung einer neuen Wahlsatzung enthält eine Liste möglicher Modi für die Durchführung der Hochschulwahlen. In der letzten Sitzung der AG Wahlsatzung wurde vom Rechenzentrum erstmals über die Möglichkeit einer Online-Hochschulwahl der Otto-Friedrich-Universität Bamberg gesprochen. Die Wahlsatzung soll nun in der kommenden Senatssitzung am 14. Mai 2021 besprochen und vor allem beschlossen werden.
Bereits während der Sitzung der AG Wahlsatzung wurden viele Schwächen der seitens des Rechenzentrums präferierten Software POLYAS angesprochen. In einem Gespräch mit Herrn Plehn (Leiter des Rechenzentrums) und Herrn Kammerl (zuständiger Mitarbeiter für die Hochschulwahl) wurden die Vor- und Nachteile einer Onlinewahl noch einmal ausführlich erläutert.
Ein maßgeblicher Vorteil einer Online-Wahl ist die Arbeitserleichterung, die damit verbunden wäre. Es entfielen sämtliche Wahlhelfer:innenschichten, für die aktuell Mitarbeitende der Universitätsverwaltung abgestellt werden. Zudem sieht das Rechenzentrum auch einen finanziellen Vorteil. So könnten die Kosten der Wahl, insbesondere im Vergleich zu einer Briefwahl, reduziert werden.
Allerdings schränkt die allgemeine Konzeption des Wahlsystems das Vertrauen in die Wahl bereits erheblich ein. Im Gegensatz zu der Argumentation des Rechenzentrums gibt es etwa beim Einsatz der Software POLYAS Zweifel an der Gleichheit der Wahl – die einzelnen Listen werden nicht nebeneinander, sondern untereinander angezeigt und es sind nicht alle Kandidierenden gleichzeitig sichtbar.
Auch die Transparenz der Wahl, die laut Urteil des BVerfG (BVerfG, Urteil vom 3.3.2009, 2 BvC 3/07) einen Wahlgrundsatz darstellt, kann nicht sichergestellt werden, da die*der Wähler:in nicht vollkommen nachvollziehen kann, was mit seiner*ihrer Stimme nach der Stimmabgabe passiert. Zwar verspricht die Software Methoden zur individuellen Verifikation der Übermittlung, Speicherung und Auszählung der Stimmen ohne technisches Vorwissen. Allerdings ist der Quelltext von POLYAS nicht öffentlich verfügbar. Ob die ausgelieferte Version der Software sowie die bei POLYAS gehosteten Serverkomponenten außerdem auch nach Updates, Patches und sonstigen Änderungen die Zertifizierungskriterien aufrecht erhalten, ist zudem fraglich. Der Prüfbericht zu POLYAS ist zwar öffentlich, der*die Wähler:in kann den Quellcode jedoch nicht überprüfen - die fehlende Transparenz und externe Überprüfbarkeit lässt somit erhebliche Zweifel offen.
Auch der Punkt der Preiseffizienz ist nicht vollständig durchdacht. So kostet die Wahl mit 13.000 angenommenen Wahlberechtigten, wenn die Universität sie über POLYAS durchführen würde, 8.358,12 EUR exklusive der über 190 EUR Beratungskosten je angefangene Stunde. Je nach Wahlbeteiligung würden die Kosten einer Urnen-, bzw. Briefwahl ähnlich hoch, wenn nicht geringer ausfallen.
Ebenfalls keine Übereinstimmung mit der Argumentation des Rechenzentrums sehen wir beim Punkt Wahlbeteiligung. Es wurde in den bisherigen Testläufen nicht beobachtet – und ist damit aus unserer Sicht auch nicht zu erwarten – dass die Wahlbeteiligung durch eine Onlinewahl signifikant steigen wird (vgl. Göttingen).
Die zahlreichen weiteren Probleme, Anfechtungen und Rechtsstreitigkeiten, die aus einer Onlinewahl erwachsen können², würden das Vertrauen in die Wahl sowie ihr Ergebnis und die Legitimation der gewählten Vertreter:innen schwächen.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass gegeben aller dargelegten Pro- und Kontraargumente die Argumente im Bezug auf Rechtssicherheit, Vertrauen und Wahlgrundsätze deutlich überwiegen. Eine Hochschulwahl sollte, auch wenn sie keine Bundestagswahl ist, den Anspruch verfolgen, alle Wahlgrundsätze vollständig und zur Zufriedenheit aller zu erfüllen. Zudem sehen wir die Legitimation der Studierendenvertretung und somit auch die zukünftige Arbeit dieser stark gefährdet. Die Otto-Friedrich-Universität, sowie ihre geschäftsführende Leitung, sollte die Arbeit der Studierendenvertretung nicht sehenden Auges gefährden.
[2] Vgl. Vortrag „Online Elections at Universities - and what to do against them“ sowie Wahleinspruch aus Göttingen: https://pretalx.c3voc.de/divoc-reboot-to-respawn-2021/talk/GA38VU/
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