Ini1: Positionierung des Studierendenparlaments der Universität Bamberg zum Eckpunktepapier der geplanten Novelle des BayHSchG

Das Studierendenparlament der Otto-Friedrich-Universität Bamberg möge
beschließen:

Die Studierendenvertretung der Universität Bamberg begrüßt das grundlegende
Interesse der Staatsregierung, das aktuelle Bayerische Hochschulgesetz
(BayHSchG) zu novellieren. Eine inklusive, gerechte Digitalisierung, der Ausbau
guter Lehre und Forschung, die Einführung studentischer Selbstbestimmung sowie
die Gleichstellung aller Geschlechter sind große Herausforderungen und damit
dringende Anliegen, deren Bewältigung und Bearbeitung durch ein
Hochschulinnovationsgesetz angeregt und gesetzlich kodifiziert und verankert
werden müssen.

Genau dies sieht die Studierendenvertretung der Universität Bamberg jedoch im
Eckpunktepapier „Eckpunkte Hochschulrechtsreform“ nicht gegeben. Aufgrund der
(bisher) mangelnden Einbindung von Student:innen außerhalb der
Landesastenkonferenz (LAK) Bayern sowie der lokalen Besonderheiten des
Universitätsstandorts, formuliert die Studierendenvertretung der Universität
Bamberg im Folgenden – sich chronologisch an der Gliederung des Papiers
orientierend und direkt dazu Stellung nehmend – die zentralen Kritikpunkte am
Eckpunktepapier zur Novellierung des BayHSchG. Zudem werden dringend benötigte
Lösungsansätze gezeigt und Forderungen gestellt.

Wir fordern weiterhin die Universitätsleitung der Otto-Friedrich-Universität
Bamberg dazu auf, unsere folgenden Punkte in Gesprächen mit externen Stellen zu
thematisieren.

Unabhängigkeit des Hochschulbetriebs von wirtschaftlichen Interessen sichern,
progressive Themen und deren Bearbeitung gesetzlich verankern

Die Studierendenvertretung der Universität Bamberg begrüßt die Bekenntnisse zu
zweckfreier Erkenntnis, gesellschaftlichem Nutzen von Forschung und Lehre und
die Bedeutung des Transfers dieser. Es bedarf jedoch einer differenzierten
Betrachtung dessen, wie diese Ziele umgesetzt und erreicht werden sollen.

Das Ideal der zweckfreien Erkenntnis, derer alle Hochschulen verpflichtet sein
sollten, sehen wir durch die im Eckpunktepapier angestrebte zunehmende
Ökonomisierung der Hochschulen in Gefahr.

Wir fordern, dass es weder Aufgabe einer Bildungseinrichtung sein kann noch
darf, einen ökonomischen Nutzen für Staat und Wirtschaft darzustellen.

Im Rahmen der Digitalisierung ist eine Förderung, aber auch eine kritische
Auseinandersetzung der damit einhergehenden Kompetenzen und Verantwortungen (wie
bspw. im Bereich der Forschung zu Künstlicher Intelligenz) zu begrüßen. In
diesem Zuge muss ebenfalls der Begriff der „digitalen DNA“ definiert werden.

Wir lehnen eine gesetzliche Verankerung der Pflicht zum Erwerb von (noch nicht
bestehenden) Deutschkenntnissen kategorisch ab. Entsprechende Angebote sollten
auf freiwilliger Basis ausreichend zur Verfügung gestellt werden, liegen jedoch
im Aufgabengebiet der Universität.

Die Kodifizierung der Nachhaltigkeitsförderung, wie sie im Papier bereits
formuliert werden, begrüßt die Studierendenvertretung der Universität Bamberg.
Hier möchten wir dringend dazu anregen, eine Zielsetzung zur Klimaneutralität
der bayerischen Hochschulen bis 2030 in einen möglichen Gesetzestext
aufzunehmen.

Abschließend sind Gleichstellungs- und Diversitätsförderungen zu unterstützen.
Hierbei muss jedoch der gesetzlichen Realität Rechnung getragen und eine
Gleichstellungs- und Diversitätsförderung abseits der Geschlechterbinarität, hin
zur Förderung aller Geschlechter verankert werden. Dies könnte beispielsweise
durch die Einführung eines Kaskadenmodells geschehen.

Opt-in-Modell ermöglichen, Bildung kostenlos für Alle ermöglichen

Wir sehen eine Auflösung der jetzigen Strukturen der bayerischen Hochschulen –
wie sie das Eckpunktepapier skizziert – als kritisch an. Anstatt ein Opt-Out-
Modell für Hochschulen anzubieten, sollte ein echtes Optionsmodell für
Körperschaften nach Opt-In-Modell im neuen Hochschulgesetz verankert sein.
Ebenso lehnen wir eine Stiftungslösung und/oder eine unternehmerische Tätigkeit
der Hochschule ab, da diese zum Verlust des Ideals der zweckfreien Erkenntnis
führen könnte sowie einzelinteressensgebundene Forschung und Lehre begünstigen
könnte.

Mit Nachdruck lehnen wir weiterhin die festgesetzte Möglichkeit einer
Gebührenerhebung für „Nicht-EU-Ausländer“ [sic!] ab. Nach dem Leitsatz der
Universität Bamberg, weltoffen und offen für die Welt zu sein, sollte es Ziel
sein, jeder studierenden Person, unabhängig ihres sozioökonomischen
Hintergrunds, ein Studium zu ermöglichen – eine Gebührenerhebung für
Studierende, deren Staatsangehörigkeit nicht in einem der EU-Staaten liegt,
steht dem fundamental entgegen.

Einbindung aller Statusgruppen in Entwicklungsplanung, Zielvereinbarungen und
interne Hochschulabläufe gewährleisten

Entwicklungsplanung und Zielvereinbarungen sind für jede Hochschule notwendig.
Damit diese bestmöglich gefasst werden können, müssen alle Statusgruppen an der
Erarbeitung und Beschlussfassung beteiligt sein. Eine gesetzliche Verankerung
dahingehend ist für uns unabdingbar. In der Erarbeitung und Beschlussfassung von
Entwicklungsplanung und Zielvereinbarungen sollte daher eine Viertelparität von
Studierenden festgeschrieben werden.

Wir fordern weiterhin eine festgeschriebene Beteiligung an den internen Abläufen
an der Universität, um die Belange der Studierenden auch in Zukunft angemessen
vertreten zu können. Essenziell hierfür ist im ersten Schritt die Beteiligung
aller Statusgruppen der Hochschule durch Viertelparität im Hochschulkonvent zur
Bildung einer Organisationssatzung.

Unternehmerische Betätigung der Hochschulen und Dozierenden einschränken,
Qualität von Studium, Lehre und Forschung sichern

Das Studierendenparlament der Universität Bamberg sieht eine Freistellung der
Dozierenden über ein Jahr zur Unternehmensgründung kritisch, da dadurch die
Lehre an den Universitäten leiden könnte. Beim Ausfallen der lehrenden Person
muss ein adäquater Ersatz gefunden werden, was in den meisten Fällen nicht
gewährleistet werden kann. Im Falle eines Ausfallens der gelehrten Module wird
die Wahlfreiheit der Studierenden eingeschränkt und diese können gegebenenfalls
ihr Studium nicht in angemessener Zeit beenden. Bei der Rückkehr an die
Universität muss das Engagement der Dozierenden im Unternehmen deutlich
zurückgefahren werden, um die Lehre wieder auf altem Niveau fortzusetzen – so
wäre wiederum die Nachhaltigkeit der Wissensweitergabe im Unternehmen nicht
gewährleistet. Ob diese Reduktion des Engagements im Unternehmen erfolgen würde,
ist aufgrund von ökonomischen (Privat-)Interessen anzuzweifeln.

Wir begrüßen grundsätzlich, dass Lehrpersonen an Universitäten ein
Beamt:innenverhältnis eingehen können, denn dieses fördert die allgemeine
Freiheit der Forschung und Lehre. Außerdem wird wissenschaftliches Arbeiten zur
zweckfreien Erkenntnis dadurch lukrativ gestaltet.

Darüber hinaus möchten wir uns dafür einsetzen, dass die Qualität der Lehre
durch noch stärkere Evaluationsprozesse und ein gutes Qualitätsmanagement
gesichert wird. Die Stärkung der Studiendekane und eine höhere Transparenz im
Evaluationsprozess, wie die Veröffentlichung von Evaluationsergebnissen, wären
wünschenswert.

Gerade die enge Bindung zwischen Forschung und Lehre zeichnet eine Universität
in ihrem Wesenskern aus. Diese beiden Bereiche voneinander zu entkoppeln wäre
ein falscher Schritt. So begrüßen wir weiterhin die Lehrverpflichtung für die
Statusgruppe der Professor:innen. Eine reine Forschungsprofessur würde ihren
Erkenntnisgewinn nicht an Studierende weitergeben und Lehrende ohne Forschung
haben wegen des fehlenden Erkenntnisgewinns in ihrer eigenen Forschung größere
Hürden eine qualitätsvolle Lehre zu gewährleisten. Hinzu kommt, dass wir in
einer völligen Freigabe des Lehrdeputats in der praktischen Umsetzung an den
Hochschulen noch große ungeklärte Probleme sehen, unter anderem setzt eine
solche Freigabe Personen voraus, die temporär eine erhöhte Lehrverpflichtung
übernehmen.

Inklusive und studentisch-mitbestimmte Modernisierung des Berufungsrechts

Die Novellierung und Beschleunigung des Berufungsrechts ist grundsätzlich zu
begrüßen, sofern die Beteiligung der studentischen Vertretung bei
Berufungsverfahren nicht vernachlässigt wird.

Als Maßnahme zur Beschleunigung der Berufungsverfahren fordern wir der
Berufungskommission zu ermöglichen, die Listenkandidat:innen früher über Ihre
Platzierung, bzw. Ihren Ruf zu informieren. Dies sorgt für eine bessere
Planbarkeit und erhöht somit die Chance einer Zusage seitens der Bewerber:innen.

Des Weiteren ist ein besonderer Fokus auf die Berufung bisher
unterrepräsentierter Gruppen und eine stärkere Gewichtung der Lehre innerhalb
der Berufungsverfahren erstrebenswert. So kann die Chancengerechtigkeit an
bayerischen Hochschulen weiter verbessert werden.

Verfasste Studierendenschaft statt Landesstudierendenbeirat

Das Studierendenparlament der Universität Bamberg begrüßt die Bestrebungen der
Staatsregierung, den bayerischen Studierendenschaften eine größere
Mitsprachemöglichkeit auf Landesebene zu geben sehr. Allerdings hinterfragen wir
sowohl die Intention als auch das Mittel – in Form des mit dem
Landesstudierendenbeirats vorgesehenen Gremiums – zur Schaffung dieser
Mitsprachemöglichkeit.

In anderen Teilen des Eckpunktepapiers stellen die Verantwortlichen der
Staatsregierung weitgehende strukturelle Änderungen für die Hochschullandschaft
dar. Diese beinhalten ein breites Spektrum an Möglichkeiten zur
Entdemokratisierung des Hochschulraumes und infolgedessen eine weitere
Entrechtung der Studierendenschaften Bayerns. Dies und die Tatsache, dass
sämtliche Staatsregierungen der letzten Jahre studentischer Partizipation und
Selbstorganisation konsequent Steine in den Weg legten, statt sie als Teil einer
demokratischen Gesellschaft zu fördern, verfestigt den Eindruck, dass die
Staatsregierung nicht an einem partizipativen Hochschulraum und einer realen
Partizipation von Studierenden interessiert ist.

Im Eckpunktepapier spricht die Staatsregierung allen Hochschulen eine gewählte
Studierendenvertretung zu. Des Weiteren soll ein Landestudierendenbeirat, mit
dem eine Parallele zur Landesschülerkonferenz [sic!] gezogen wird, geschaffen
werden, bei dem im Vorhinein eine Rechtspersönlichkeit und ein
allgemeinpolitisches Mandat ausgeschlossen werden. Wie schon bei der
Landesschülerkonferenz [sic!] besteht hierbei die Gefahr, dass die
Landesastenkonferenz als bestehendes, funktionierendes Gremium durch ein neues
Gremium, das in seiner Form aber keinen überzeugenden Fortschritt bedeutet,
ersetzt wird. Eine Studierendenvertretung, die als Rechtspersönlichkeit und mit
einem allgemeinpolitischen Mandat ausgestattet ist wäre um ein Vielfaches
handlungsfähiger, als sie es ohne ist. Dem Ziel einer demokratischen
Partizipation wäre man somit näher.

Um die fachlichen, sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen
Interessen der Studierenden wirklich angemessen vertreten zu können, muss einer
Studierendenschaft die Möglichkeit gegeben werden, sich selbst zu verwalten.
Weiterhin muss für diese die Satzungs- und Finanzhoheit gegeben sein. Nur eine
selbstverwaltete Studierendenschaft kann wirklich unabhängig und im Interesse
der Studierenden agieren. Jedwede Abhängigkeit der studentischen
Interessenvertretung von einer Universitätsleitung kann keine Bedingung für eine
funktionierende Studierendenvertretung darstellen. Daher fordern wir mit
höchstem Nachdruck die Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft in
Bayern.

Fremdsprachenkenntnisse fächerspezifisch und uniintern regeln, statt gesetzlich
festzuschreiben

Die Studierendenvertretung der Universität Bamberg möchte hier erneut betonen,
dass wir einen Zwang zum Erlernen von Deutschkenntnissen im Studium sowie eine
gesetzliche Verankerung dessen kategorisch ablehnen. Wir fordern zudem, dass
eine Richtlinie für die Erfordernis von Fremdsprachenkenntnissen für
fremdsprachige Studiengänge nicht gesetzlich verankert, sondern von den
jeweiligen Fächern der jeweiligen Universitäten festgelegt und dabei auf die
entsprechenden Studiengänge angepasst werden kann.

Einbindung aller Statusgruppen bei der Streichung des staatlichen Einvernehmens
von Studiengängen

Bei einer neuen Regelung zur Einrichtung, Aufhebung oder Änderung von
Studiengängen muss darauf geachtet werden, dass weiterhin alle Statusgruppen,
insbesondere auch studentische Vertreter:innen, verpflichtend in den Prozess
eingebunden werden.